Ausreden werden für Kommunen noch gefährlicher

Im Bundesgesetzblatt (BGBl. 2023 I Nr. 222 vom 23.08.2023) wurde die Verordnung zur Anpassung des Vergaberechts an die Einführung neuer elektronischer Standardformulare („eForms“) für EU-Bekanntmachungen und an weitere europarechtliche Anforderungen veröffentlicht. Darin enthalten ist die Streichung von § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV, der die Auftragswertberechnung von Planungsleistungen regelte. Die geänderte VgV mit der Streichung des § 3 Abs. 7 Satz 2 tritt am 24.08.2023 in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt müssen grundsätzlich alle ausgeschriebenen Planungsleistungen bei öffentlichen Vergabeverfahren addiert werden. Dies hat zur Folge, dass der Schwellenwert für die europaweite Ausschreibung von Planungsleistungen (215.000 Euro) früher als bisher überschritten wird.  So werden jetzt auch bei kleinen Bauvorhaben europaweite Ausschreibungen notwendig. Dies bedeutet einen zeit- und kostenintensiven Mehraufwand nicht nur für die sich an einer Ausschreibung beteiligenden Planerinnen und Planer, sondern auch für die öffentlichen Auftraggeber.

Unsere aktuellen Schulungsangebote finden Sie hier: https://www.evergabe.de/seminare/referent/ralf-m-leinenbach

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BMWK veröffentlicht finale Fassung der Photovoltaik-Strategie

Am 05.05.2023 hat das BMWK die finale Fassung der Photovoltaik-Strategie veröffentlicht. Eine Analyse dazu von Jörg Sutter.

 

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Gasnetztransformation: BDEW aggressiv gegen Kommunen

"Gasnetztzransformation" heißt ganz niedlich und unscheinbar der erforderliche Wandel der Gasnetze angesichts Klimwandel, Wärmewende und Rückzug des Erdgases versus womöglicher (teilweiser) Substitution durch Wasserstoff.

 

Am 26.04.2023 hat jetzt auch der BDEW Vorschläge veröffentlicht, mit denen nach seinen Worten die Gasnetztransformation politisch gestaltet werden soll (Pressemitteilung, Vorschläge im Positionspapier "Transformationsregulierung Gasnetze"), Auszug:

Der Weiternutzung bestehender Gasnetze für klimaneutrale Gase, dem Bau neuer Wasserstoffleitungen und der Stilllegung von Leitungen, wo Gasanwendungen nicht mehr benötigt werden. Für alle drei Entwicklungspfade bestehen derzeit Defizite und Handlungsbedarfe im Rechts- und Regulierungsrahmen, der auf einen dauerhaften Gasnetzbetrieb ausgelegt ist.“

 

Am Tag zuvor hat Agora-Energiewende eine Veranstaltung zur Präsentation einer eigenen Studie zur Gasnetztransformation durchgeführt (Präsentationen, Video-Mitschnitte). Die Studie selbst war wenige Tage zur veröffentlicht worden. 

 

Bemerkenswert an der BDEW-Position sind konkrete "Empfehlungen" an die Politik die Transformation zu Lasten der Kommunen zu lösen: 

"Findet sich kein Neukonzessionär, sollte die Kommune das Eigentum an den Netzen übernehmen und selbst betreiben bzw. einen geeigneten Netzbetreiber mit der Betriebsführung beauftragen."

"Bei übergeordneten städtebaulichen Belangen sollte ein Rückbau nur auf Anweisung der Kommune erfolgen. Im Vorfeld ist die Kostentragung der Kommune zu regeln."

 

Relativ dünn sind hingegen die "Empfehlungen" zugunsten der Gasverbraucher:

"Gasnetznutzer dürfen auch langfristig nicht durch die Höhe der Netzentgelte überfordert werden. Bei der Zuordnung von Kosten sollte der zukünftige Rückgang in Absatzmengen und Nutzerzahl beachtet werden."

 

Aus der Agora-Studie ergeben sich wesentlich deutliche Hinweise, nach denen mit einer Vervielfachung der Netzentgelte aufgrund des vorgenannten Effekts zu rechnen ist (Kurzgefasst hier). 

 

Eine weitere Studie in diesem thematischen Umfeld: 

P. Klafka et al. (2022): Haben Gasnetze eine Zukunft? Kommunale Wärmeversorger stehen vor großen Umstellungen", Policy Paper der Scientist for Future

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Zweite Auflage "Zukünftige Marktstandards in Strom- und Gaskonzessionsverfahren (ZuMa-Katalog 2.0)

Der ZuMa-Katalog 2.0 stellt eine Weiterentwicklung der 2020 veröffentlichten Empfehlungen zur Veränderung der Kriterienkataloge in Strom- und Gaskonzessionsverfahren dar. Energiewende, Digitalisierung, Risikoprävention, demografische Entwicklung und Fachkräftemangel erfordern vom Netzbetreiber zukünftig andere Fähigkeiten, als in den bisherigen Kriterienkatalogen abgefragt werden. Die Crux der meisten verfahrensüblichen Kriterienkataloge besteht nach Mitteilung der LBD-Beratungsgesellschaft darin, dass sie dem bislang nicht ausreichend Rechnung tragen. Außerdem zeigt die Fülle an gerichtlich erwirkten Klärungen, dass die Bewertung von Konzessionsangeboten anhand der von der Kommune vorgegebenen Kriterien deutlich einfacher handhabbar werden muss. Auch hierzu gibt der ZuMa-Katalog 2.0 eine Reihe von Empfehlungen.



Ziel und Anspruch des ZuMa-Katalogs

Ziel des 2020 veröffentlichten ZuMa-Katalogs war es, eine breite Diskussion mit den Kommunen und der Fachöffentlichkeit um sinnvolle und einfacher bewertbare Auswahlkriterien in Konzessionsverfahren anzustoßen sowie einen neuen Benchmark für zukunftsträchtigere Kriterien in Konzessionsverfahren zu schaffen. Die energiewirtschaftliche Fachpresse hatte seinerzeit ausführlich darüber berichtet. Das EWeRK – Institut für Energie- und Wettbewerbsrecht in der Kommunalwirtschaft e.V. an der Humboldt Universität zu Berlin – hatte aus diesem Anlass im Sommer 2021 eine eigene Veranstaltungsreihe mit über 70 Expertinnen und Experten durchgeführt.

Auf Initiative von Dr. Christof Schorsch (LBD) bildete sich im Anschluss eine ZuMa-Arbeitsgruppe, um die Weiterentwicklung zum „ZuMa-Katalog 2.0“ zu begleiten. Der selbstgewählte Arbeitsauftrag der ZuMa-AG bestand darin, bei der Aufstellung zukunftsträchtiger Kriterien stärker als bisher die gerichtliche Spruchpraxis zu berücksichtigen, die Eignung und systematische Zuordnung einzelner Kriterien zu prüfen und zu optimieren, Nachweispflichten zu schärfen sowie zwischenzeitlich eingetretene rechtliche Entwicklungen aufzunehmen. Anregungen und Kritik verdanken sich einer Reihe von Gesprächspartner:innen, insbesondere Herrn Rechtsanwalt Uwe Rühling (Rühling Anwälte) und Herrn Rechtsanwalt Dr. jur. Mirko Sauer (BDO Legal).



Weiterentwicklungen im ZuMa-Katalog 2.0

Im ZuMa-Katalog 2.0 wird größerer Wert als bisher auf die Frage der Nachweisfähigkeit gelegt. Die im Konzessionsgebiet eingesetzten Fähigkeiten und Leistungen erfordern in sich stimmige, der Betriebspraxis entsprechende Darstellungen sowie entsprechende Berichtspflichten. Dies unterstützt nicht zuletzt die Netzbetreiber in ihrem Bestreben, die eigene Leistungsfähigkeit der Konzessionskommune im Vertragszeitraum regelmäßig aufzuzeigen und geeignete Kontaktanlässe zu schaffen, um sich mit der Kommune nachhaltig zu vernetzen.

Geändert wurden im ZuMa-Katalog 2.0 auch einige Gewichtungen. Wesentliche Ursache dafür war die Aufnahme der Treibhausgasneutralität in § 1 Abs. 1 EnWG durch den Gesetzgeber. Des Weiteren wurden alle Unter-Unterkriterien des Katalogs kritisch geprüft, einige verworfen, andere neu aufgenommen.

Periodische Anpassungen in Zukunft

Die Megatrends in der kommenden Konzessionsperiode und die kontinuierliche Anpassung der politisch-rechtlichen Rahmenbedingungen an neue Gegebenheiten erfordern eine periodische Überprüfung der Auswahlkriterien. Der ZuMa-Katalog 2.0 stellt somit auch keinen Endpunkt der Entwicklung dar, sondern versteht sich als Einladung zur weiteren Diskussion mit Kommunen und Fachöffentlichkeit hinsichtlich der Umsetzung in der Verfahrenspraxis.

Die Kriterien im ZuMa-Katalog werden nach wie vor im Sinne eines Cafeteriaprinzips verstanden: als Anregung für die Konzessionskommunen und ihre juristischen Berater:innen, um die für sie jeweils geeignetsten Kriterien auszuwählen sowie deren Bedeutung durch eigene Gewichtungen Ausdruck zu geben.

Absehbar ist schon heute, dass in einer kommenden Neuauflage weitere Anpassungen erforderlich sein werden: Sehr viel ist in der Energiewirtschaft gegenwärtig noch im Fluss – das betrifft energieartenübergreifende Zusammenwirkungspflichten der Netzbetreiber und die Sektorkopplung ebenso wie bspw. die Integration der kommunalen Wärmeplanung, die Gasnetzkonversion und die Wasserstofftauglichkeit der Gasverteilnetze.


Download ZuMa-Katalog Strom 2.0

Download ZuMa-Katalog Gas 2.0

Zur fachlichen Diskussion über die „Crux mit den Kriterienkatalogen“: LINK zum Artikel

Link zum LBD-Konzessionsmanagement

 

(C) Mitteilung der LBD-Beratungsgesellschaft

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